Unsere Wirbelsäule ist im Laufe des Lebens großen Belastungen ausgesetzt. Viele Erkrankungen äußern sich zunächst mit Rückenschmerzen. Zielgerichtete Untersuchungen in der Hand eines Experten liefern meist schnell die Diagnose. Dann gilt es, die richtige Therapie zu wählen. In diesem Interview sprechen wir daher mit dem Neurochirurgen Dr. Sabarini von der Avicenna Klinik in Berlin über operative Therapien an der Wirbelsäule.
Facharzt für Neurochirurgie
Herr Dr. Munther Sabarini ist ärztlicher Leiter der Avicenna-Klinik in Berlin. Als Facharzt für Neurochirurgie blickt er auf eine mehr als 30jährige Erfahrung im Bereich der neurochirurgischen Operationen zurück. Er ist auf Operationen an der Wirbelsäule spezialisiert, mit einem Fokus auf minimal-invasive sowie mikrochirurgische Operationen.
Herr Sabarini, wann wenden sich Patienten typischerweise an Ihre Klinik?
Meist sind es Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen mit den bekannten Beschwerden, die durch die konservative Therapie keine oder keine ausreichende Linderung erreicht haben. Oft finden sich anatomische (objektivierbare) Veränderungen, wie Arthrose der Wirbelgelenke, Bandscheibendegeneration, Wirbelgleiten, Instabilität, Bandscheibenvorfälle oder Wirbelgleiten. Seltener finden sich Zysten oder Tumore. Nicht selten werden diese „anatomische“ Veränderungen von Muskel-Dysbalancen und seelische Beeinträchtigungen begleitet.
Sie behandeln in Ihrer Klinik unterschiedliche Erkrankungen der Wirbelsäule, darunter auch Patienten mit Bandscheibenvorfall. Wie gehen Sie bei der Entscheidung vor, ob eine Operation der beste Ansatz für einen Patienten mit Bandscheibenvorfall ist? Wann raten Sie einem Patienten zu einer Operation?
Tatsächlich stellt die Indikationsstellung für oder gegen eine Operation eine Herausforderung dar. Das ist eine komplizierte Entscheidung und eine große Verantwortung. Handelt es ich um vorübergehende Schmerzen ohne Ausfälle, dann hat selbstverständlich die konservative Therapie gute Chancen. Halten die Schmerzen länger an, liegen neurologische Ausfälle (Kribbeln, Taubheitsgefühl, Kraftminderung oder Blasenentleerungsstörungen), die mit einem deutlichen Vorfall zu erklären sind, dann hier hilft die Operation, etwa per Mikrochirurgie.
Die Operationstechniken entwickeln sich ständig weiter. Welche Fortschritte wurden in den letzten Jahren bei der neurochirurgischen Behandlung von Bandscheibenvorfällen gemacht?
Sowohl in der Diagnostik als auch in der Operativen Technik hat man in den letzten Jahren einige neue Verfahren entwickelt: Eine neue Generation an offenen MRT-Geräten zeigen die anatomische Veränderungen in Details an und das ohne Strahlenbelastung. Bandscheibenvorfälle werden nicht mehr nach der herkömmlichen offenen Methode operiert, sondern Mikrochirurgisch oder perkutan (durch Hautpunktion). Heutzutage stehen uns auch weitere innovative Methoden wie Bandscheibenzüchtung oder Rückenmarksstimulation zur Verfügung.
Wie lange dauert in der Regel die Genesung nach einer Operation wegen Bandscheibenvorfall? Wie lange bleiben die Patienten in der Klinik und was schließt sich daran an?
Das hängt von vielen Faktoren ab, Alter des Patienten, Begleiterkrankungen, Schwere des Befundes (Bandscheibenvorfall), Lokalisation, Art der Operation usw.
Neben Bandscheibenvorfällen werden auch weitere Erkrankungen der Wirbelsäule behandelt, darunter etwa die Spinalkanalstenose. Bei dieser Erkrankung haben die Patienten bereits seit längerer Zeit eine Leidensgeschichte hinter sich. Was raten Sie Patienten, die zunehmende Beschwerden verspüren?
Sobald Beschwerden darauf hindeuten, dann sollten sich Patienten beim behandelnden Arzt vorstellen, so dass man rechtzeitig eine Diagnostik (MRT) beginnen kann. Je früher man mit der Therapie beginnt, desto erfolgreicher sie ist. Patienten haben doch das Recht auf eine gute Lebensqualität ohne Schmerzen.
Wie wird die Operation bei der Spinalkanalstenose durchgeführt?
Mit Hilfe eines Spezialoperationsmikroskops werden Verkalkungen abgetragen, soviel wie möglich, um eine ausreichende Erweiterung zu erreichen. Aber natürlich nur soviel notwendig ist, um die Stabilität der Wirbelsäule nicht zu beeinträchtigen.
Wie lange sind die Patienten typischerweise in Ihrer Klinik und wie lange dauert die Rehabilitation im Durchschnitt?
In einigen Fällen bleiben die Patienten 3-4 Nächte, manche 8-9 Nächte, selten länger (etwa bei dem Wirbelkörperersatz oder Verplattung). Auch die Rehabilitationszeit ist relativ anzugeben und hängt von dem jeweiligen Eingriff ab.