Kniearthrose ist eine weitverbreitete, aber dennoch oft missverstandene Erkrankung, die Menschen jeden Alters betreffen kann. Für die Betroffenen bedeutet dies oft einen langen Leidensweg, geprägt von Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und der Suche nach geeigneten Behandlungsmöglichkeiten. Eine der größten Herausforderungen für Patienten ist es, den richtigen Behandler zu finden – jemanden, der die individuellen Bedürfnisse und Lebensumstände des Patienten berücksichtigt.
Die Patientenjourney bei Kniearthrose ist häufig ein Pfad voller Unsicherheiten und Entscheidungskonflikte. Durch Patienten müssen oftmals einige Entscheidungen getroffen werden. Dies kann von der Auswahl zwischen verschiedenen konservativen Therapien bis hin zur Entscheidung über einen möglichen chirurgischen Eingriff reichen. Zusätzlich erschwert wird dies durch die Flut an Informationen und Meinungen, sowohl aus dem Internet als auch von Bekannten, die oft mehr Verwirrung als Klarheit schaffen.
In unserem exklusiven Interview mit Prof. Dr. Prall, einem renommierten Experten auf dem Gebiet des Kniegelenks, beleuchten wir diese Herausforderungen aus der Sicht eines Fachmanns. Er bietet wertvolle Ratschläge, die Patientinnen und Patienten dabei helfen können, informierte Entscheidungen über ihre Behandlung zu treffen und sich auf dem oft verwirrenden Weg zur Linderung ihrer Beschwerden besser zurechtzufinden.
Chefarzt Knie-, Hüft-, Schulter- und Ellenbogenchirurgie Schön Klinik Harlaching
Prof. Dr. Wolf Christian Prall wirkt als Chefarzt im Zentrum für Knie-, Hüft- und Schulterchirurgie an der Schön Klinik München Harlaching, zudem hat er seit 2018 die Leitung des FIFA Medical Centers of Excellence an der Schön Klinik München Harlaching inne. Seit 2017 betreut er auch am gleichen Haus als Zentrumskoordinator und Hauptoperateur das Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung (EndoCert Max).
Herr Prof. Prall, wie wichtig ist eine frühe Diagnose bei Kniearthrose und welche Rolle spielen niedergelassene Ärzte dabei?
Die Diagnose einer Arthrose ist nicht zeitkritisch und erfolgt meist durch niedergelassene Kollegen. Hier erfolgt in der Regel auch die Erstbehandlung, angepasst an die Beschwerden des Patienten und unter anderen mit der Rezeptierung von Physiotherapie, Schmerzmitteln und gegebenenfalls infiltrativen Maßnahmen.
Wie läuft der Entscheidungsprozess ab, wenn es um die Frage geht, ob eine Operation notwendig ist? Welche Faktoren sind hier entscheidend?
Der entscheidende Faktor ist der Schmerz sowie die reduzierte Lebensqualität. Im ersten Schritt ist die konservative Therapie, wie in den aktuellen Behandlungsleitlinien verankert, absolut sinnvoll und auch notwendig. Erst wenn die konservativen Maßnahmen erschöpft sind und keine Linderung eintritt, können operative Maßnahmen zusammen mit dem Patienten besprochen und geplant werden.
Können Sie beschreiben, wie die Beratung von Patienten in Ihrer Klinik erfolgt, insbesondere im Hinblick auf innovative Techniken und Behandlungen in der Endoprothetik?
In der Klinik erheben wir eine komplette Anamnese (Anm. Klinikradar: vollständige Befragung des Patienten zur Krankengeschichte), um uns ein ganzheitliches Bild des Patienten zu verschaffen. Die Beratung erfolgt dann immer in Abwägung der konservativen als auch operativen Maßnahmen. Möglich sind Infiltrationen (Anm. Klinikradar: Einspritzen von Medikamenten in das Gelenk) wie z. B. mit Hyaluronsäure oder Eigenblut (PRP-Behandlung), die in erster Linie von niedergelassenen Ärzten durchgeführt werden. Sind die konservativen Maßnahmen erschöpft, ziehen wir zunächst gelenkerhaltende Eingriffe in Erwägung. Sollte dies nicht mehr möglich sein, kommt eine endoprothetische Versorgung (Anm. Von Klinikradar: also der Einsatz einer Knie-Endoprothese) in Frage. Auch hier versuchen wir möglichst schonend mit Gelenkerhalt bzw. mit einer Teilprothese zu operieren, was in 20 bis 40 % der Fälle möglich ist. Andernfalls kommt eine Vollprothese zum Einsatz. Mit Hilfe von hochmodernen, robotergestützten Systemen können wir diese Eingriffe aber auch sehr schonend und präzise vornehmen, so dass die Patienten noch am Tag der OP wieder mobilisiert werden.
Was sollten Patienten vor einer möglichen Operation wissen und wie bereiten Sie sich als Chirurg auf solche Eingriffe vor?
Wir legen sehr viel Wert auf einen detaillierten Behandlungsplan für unsere Patienten. Dieser beinhaltet wichtige Informationen zur Phase vor, während und nach der Operation. Zudem sollte bereits im Vorfeld die weitere Behandlung nach dem stationären Aufenthalt geklärt und geregelt sein. Aus chirurgischer Perspektive planen wir diese Eingriffe immer basierend auf aktuellen radiologischen Aufnahmen, den individuellen Faktoren sowie der Lebenssituation des Patienten.