Telemonitoring bei Herzinsuffizienz - Aktuelle Entwicklungen im Fokus

Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist eine sehr häufige chronische Erkrankung in Deutschland. Neben Bluthochdruck, Herzrhytmusstörungen kann etwa auch ein abgelaufener Herzinfarkt zu einer Herzinsuffizienz führen. Patienten mit dieser Erkrankung benötigen eine engmaschige Betreuung und Anpassung Ihrer Medikation, aber auch Ihres Lebensstils. Dies kann oft nicht vollständig in einer niedergelassenen Praxis geleistet werden. Hier kommen digitale Mittel ins Spiel. Wir unterhalten uns mit Dr. Weiß über die Möglichkeiten von Telemonitoring bei Herzinsuffizienz. 

Dr. Maximilian Weiß
Dr. Maximilian Weiß

Arzt, CEO von Actimi

Dr. Weiss ist Arzt und hat in seinem Werdegang die Herausforderungen in der Behandlung von chronischen Erkrankungen kennengelernt. Er brennt für die Weiterentwicklung der Medizin und setzt sich als CEO der Actimi GmbH für die Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz ein. 

Klinikradar

Herzinsuffizienz (Herzschwäche) betrifft viele Patienten in Deutschland. Die Versorgung hat sich hier durch Fortschritte in der Forschung in den letzten Jahren erfreulicherweise verbessert, auch im niedergelassenen Bereich. Wo sehen Sie aktuell noch Bedarf bzw. was läuft nicht rund?

Dr. Maximilian Weiß

Genau, erfreulicherweise zeigt die Forschung hier deutliche Fortschritte. So sind z.B. die SGLT-2 Hemmer (neue Behandlungskategorie von Medikamenten) seit letztem Jahr offiziell Bestandteil einer leitliniengerechten Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz. Doch trotzdem gibt es hier noch sehr viel verstecktes Potential.
Gerade auch im nichtmedikamentösen Bereich sehen wir noch viel Verbesserungspotential. Hier geht es z.B. um das Thema Patientencompliance, also der Tatsache, ob ein Patient auch seine wie vom Arzt verordneten Medikamente einnimmt. Zudem ist weiterhin die Verfügbarkeit von Ärzten sowie das rechtzeitige Abfangen von Risikopatienten bei Verschlechterung der Erkrankung ein Problem. Leider ist es heutzutage nach wie vor sehr schwierig an Arzttermine bei einem Spezialisten zu kommen. Durch die hohe Auslastung hat man es als Patient häufig sehr schwer, zeitnah einen Termin zu bekommen, wenn man sich akut schlechter fühlt. Dies führt leider häufig dazu, dass man sich als Patient in der Notaufnahme wiederfindet, da man keinen Termin beim Facharzt bekommen hat.
 

Klinikradar

An welchem Punkt kann hier eine digitale Lösung Abhilfe schaffen? Ist die Anwendung wirklich ein Vorteil für den Patienten oder ist es nur eine weitere Sache, auf die der Patient achten muss?

Dr. Maximilian Weiß

Unserer Meinung nach löst “Remote-Patient-Monitoring”, also die tägliche Überwachung (Monitoring) von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, genau die oben angesprochenen Problempunkte. Momentan ist es immer noch so, dass der Patient zum Arzt gehen muss, wenn er sich schlecht fühlt. Er ist daher mit seiner chronischen Erkrankung ziemlich auf sich allein gestellt. Dies wurde jetzt vom gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen, dem höchsten oberste Beschlussgremium geändert. Seit Anfang des Jahres kann ein Arzt Telemonitorische Leistungen genau wie jede andere Behandlung abrechnen.

Telemonitoring bedeutet, dass sich der Patient täglich selbst mit medizinischen Geräten vermisst (Blutdruck, EKG und Gewicht). Diese Daten werden dann automatisiert von den Geräten via Datenverbindung (Bluetooth) an ein Tablet übertragen. Weiterhin wird das Tablet dazu verwendet, typische Symptome der chronischen Herzinsuffizienz zu erfassen. Diese Daten werden dann über das Internet automatisiert an den Arzt gesendet. Dieser schaut sich die Werte einmal täglich an. Wenn der Arzt nun sieht, dass sich ein Patient verschlechtert, kann er umgehend mit ihm Kontakt aufnehmen. Zudem besteht dabei die Möglichkeit, seine Medikation anpassen oder etwa den Patienten zu bitten, in seine Praxis zu kommen, um weitere Untersuchungen vorzunehmen. 

Das Tolle an so einem System ist die ausgeprägte individuelle Betreuung der Patienten. Weiterhin werden Patienten täglich über das Tablet an ihre Medikationseinnahme erinnert. Sollte man sich nicht erinnern, sieht der Arzt dies und kann gezielt nachfragen, woran es liegt und wie man an einer besseren Therapiemitarbeit arbeiten kann. 
 

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Wird dies durch die Patienten auch akzeptiert?

Dr. Maximilian Weiß

Wie jedes neue System wird es zu Beginn wahrscheinlich eine Eingewöhnungszeit benötigen, um das tägliche Selbstvermessen in den Alltag zu integrieren. Hierbei ist es wichtig, den Patienten bestmöglich über seine Krankheit aufzuklären und die Bedeutung der täglichen Selbstvermessung zu betonen. 

Hierfür bietet Actimi täglich zugeschnittene Artikel und Videos basierend auf Alter Geschlecht und Krankheitszustand an. Wir sind fest davon überzeugt, dass nur ein aufgeklärter Patient, der seine Erkrankung genau kennt, auch solch ein System benutzen möchte und den großen Vorteil für sich erkennt - nämlich einen täglichen “Mini-Checkup” seitens des Arztes ganz automatisch von zu Hause aus
 

Klinikradar

Eine optimale Lösung bezieht den Haus- und Facharzt mit ein. Welchen Vorteil hat der Facharzt durch diese Anwendung?

Dr. Maximilian Weiß

Wir haben uns lange Gedanken gemacht, wie wir den Hausarzt und den Facharzt in diesem System verbinden können. Herausgekommen ist unsere gemeinsame Patientenakte, in der sich Hausarzt, Facharzt und MFA digital unterhalten können. Konkret läuft dies so ab:
Der Facharzt (in unserem Fall der Kardiologe) überwacht die Werte der Patienten. Bei Symptomen bzw. Verschlechterungen kann er nun seine empfohlenen Maßnahmen in das Actimi-System schreiben. Der Hausarzt wird nun automatisch benachrichtigt und kann sich in das System einloggen. Hier sieht er nun den Erkrankungsverlauf und die Empfehlungen des Kardiologen. Darauf aufbauend kann er dann die Medikation entsprechend anpassen oder dem Kardiologen einen Gegenvorschlag machen. Die finale Entscheidung kann dem Patienten dann entweder direkt per Chat oder auch via Telefon mitgeteilt werden.
 

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Was ist Ihr langfristiges Ziel mit der Anwendung "Actimi"?

Dr. Maximilian Weiß

Unser langfristiges Ziel ist es, die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten zu stärken. Eine gute Kommunikation zwischen Ärzten und dem Patienten ist unserer Meinung nach eine der wichtigsten Säulen einer erfolgreichen Therapie. Ziel von Actimi ist es, genau diese Kommunikation zu verbessern. Zudem möchten wir für eine  bessere Betreuung von Patienten durch moderne, digitale Telemedizin eingreifen. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Patient mit dem Wissen, dass täglich ein Arzt seine individuellen Gesundheitswerte anschaut, ein deutlich sorgenfreieres Leben mit dieser Erkrankung führen kann. Somit kann der Patienten sich auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren.

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