Innovationen in der Endoprothetik – Im Gespräch mit Kniechirurgin Frau Dr. Braun

Wie auch andere Bereiche der Medizin hat sich die Endoprothetik enorm weiterentwickelt. So werden künstliche Knie- und Hüftgelenke z.B. häufig roboterassistiert implantiert. Zu neuen OP-Techniken und zur Entwicklung der Rolle der Chirurgin oder des Chirgurgs erfahren wir mehr von der zertifizierten Kniechirurgin Dr. Miriam Braun, Chefärztin an der Klinik für Orthopädie und Sportmedizin in Frechen. 

Dr. med. Miriam Braun
Dr. med. Miriam Braun

Chefärztin der Klinik für Orthopädie und Sportmedizin Frechen

Ihr Wissen und Können erwarb Frau Dr. med. Miriam Braun an renommierten Stationen, wie der orthopädischen Abteilung des St. Franziskus Hospitals in Köln, der Sportklinik Hellersen in Lüdenscheid sowie als stellv. Leiterin der Orthopädie und Leiterin des Endoprothetikzentrums am Maria-Hilf-Krankenhaus in Bergheim. Neben einer Zertifizierung als Kniechirurgin durch die Deutsche Kniegesellschaft hat sie die Weiterbildungen in Sportmedizin sowie Chirotherapie erworben. Seit 2016 ist Frau Dr. Braun Chefärztin der Klinik für Orthopädie und Sportmedizin in Frechen

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Frau Dr. Braun, wann wenden sich Patienten typischerweise an Ihre Klinik?

Dr. med. Miriam Braun

Patienten besuchen unsere Klinik immer dann, wenn Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates, insbesondere des Knie-, Hüft- und Schultergelenks bestehen, z.B. durch Sportverletzungen oder degenerativ bedingt und nach Ausschöpfen der konservativen Therapie eine Operation in Erwägung gezogen wird. Hierbei versuchen wir mit dem Patienten den individuell bestmöglichen Therapieansatz zu entwickeln. Wir sind sowohl auf eine komplexe rekonstruktive Gelenkchirurgie wie z.B. Knorpeltransplantation und Bandrekonstruktionen als auch den Gelenkersatz (Endoprothetik) der jeweiligen Gelenke spezialisiert. Vielleicht werden rekonstruktive und gelenkersetzende Operationen in Zukunft auch zunehmend in Teilen miteinander kombiniert werden.

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Sie sind zertifizierte Kniechirurgin und verfügen über langjährige Erfahrung in der Endoprothetik. Was sind für Sie die bedeutendsten Weiterentwicklungen der Endoprothetik der letzten 10 Jahre?

Dr. med. Miriam Braun

Ob eine Operation zu der gewünschten Verbesserung der Lebensqualität führt, ist durch eine hohe Komplexität sich gegenseitig beeinflussender Faktoren gekennzeichnet. Das macht es sehr schwierig direkte Rückschlüsse bei Veränderung eines einzelnen Faktors dem Gesamtergebnis zuordnen zu können. Es wird stetig nach einer Optimierung gestrebt. Durch Erfahrungen und Erkenntnisse aus Forschung und klinischen Studien wird versucht ein immer besseres Verständnis des Kniegelenkes und dessen angrenzender Strukturen in Bewegung zu erlangen um hieraus mögliche Konsequenzen für die Implantatpositionierung, das Implantatdesign sowie deren Verankerung im Knochen zu erarbeiten. Hilfsmittel wie die Navigation und nun die Robotik können diesen Prozess unterstützen und vielleicht beschleunigen, da die Auswirkungen der vorgenommenen Veränderungen exakter und unmittelbarer nachvollzogen werden können.

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Sie sind Expertin in verschiedenen OP-Techniken. Wie entscheiden Sie, wann und wie Sie welche/n Patient/in operieren?

Dr. med. Miriam Braun

Zunächst erfolgt eine ausführliche Anamnese mit klinischer und radiologischer Diagnostik. Hiernach versuchen wir den Patienten in die Lage zu versetzen die Erkrankung, mögliche Therapieoptionen mit realistischen Erwartungshaltungen und möglichen Risiken zu verstehen und gemeinsam eine patientenorientierte Lösung zu entwickeln. So ist z.B. der Operationszeitpunkt einer Knieprothese, bei einer diagnostisch bestätigten fortgeschrittenen Arthrose, sehr individuell von den Lebensumständen, Begleiterkrankungen, Erwartungen und Bewertungen von Lebensqualität der Patienten abhängig. Hier sind wir beratend tätig, der Patient entscheidet. Es gibt auch Situationen wo wir aus medizinischer Sicht z.b. bei einem Knocheneinbruch zu einer zeitnahen Operation raten. In der Regel führen wir die Operation mit Hilfe der Mako Technologie durch. Sollte dieses Verfahren nicht angewandt werden können, z.B. bei Wechseloperationen, hypoallergenen Implantaten oder einem sehr kurzfristigen Operationszeitpunkt setzen wir i.d.R. unser seit vielen Jahren bewährtes Navigationsgerät ein. Generell lernen wir ständig dazu, so dass die Möglichkeiten der Technologien hoffentlich immer besser verstanden und sinnvoll eingesetzt werden können. Wesentliche Voraussetzung sollte die Erfahrung und das sichere Beherrschen der bestehenden konventionellen OP Techniken sein, um jederzeit die Kontrolle über die Operationsschritte zu bewahren.

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Was sind für Sie die größten Vorzüge einer roboterassistierten Knie-OP?

Dr. med. Miriam Braun

Nach meinen Erfahrungen kann die Ausgangslage detaillierter erfasst und hierdurch eine individuellere Planung erleichtert werden. Da kein Hilfsinstrumentarium zur Ausrichtung benötigt wird, kann noch weichteilschonender operiert werden. Die Umsetzung des einmal festgelegten Knochenschnittes erfolgt auf 0,5 ° und mm genau, was zu einem optimierten Fitting der Prothese führt. All dies führt dazu, dass grobe Fehlimplantatlagen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vermieden werden können. Es ist ein System, welches dem Anwender die Möglichkeit bietet sich ständig selbstreflektiert weiter zu entwickeln. Die operativ gewählten Lösungen werden erfasst und sind dadurch vergleichbarer und könnten vielleicht eher Rückschlüsse für zukünftige Entwicklungen erlauben.

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Wie groß ist bei all der technologischen Innovation noch der „menschliche“ Einfluss?

Dr. med. Miriam Braun

Das Kniegelenk in Bewegung ist ein äußerst komplexes Gelenk. Durch die technologischen Innovationen erhalten wir immer differenziertere Möglichkeiten die individuelle Beinachse, die patientenspezifische Anatomie mit deren Fehlstellungen und Bandspannungen zu analysieren. Des Weiteren können wir operative Schritte simulieren bevor wir sie durchführen und ggf. korrigieren oder je nach intraoperativem Verlauf anpassen. Die Entscheidung, welcher Zielwert aus den erhobenen Daten abgeleitet wird, obliegt jedoch einzig und allein dem Operateur und kann daher sehr unterschiedlich interpretiert werden. Hier bedarf es einer großen operativen Erfahrung, insbesondere bei der Beurteilung der Weichteilspannung unter Bewegung. Die Zukunft wird zeigen, welche Zielwerte wir aus den bisher erhobenen Daten und den daher immer konkreteren Ausgangsdaten sowie der Zufriedenheit der Patienten und dem messbaren Operationsergebnis ableiten werden. Auch wenn mit Unterstützung des Roboters der definierte Zielwert extrem exakt umgesetzt werden kann, unterliegt die Kontrolle während des Sägevorganges auch hier immer dem Operateur.

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